Wir erziehen junge Menschen.

Pädagogik ist die Leitwissenschaft für die Arbeit der Evangelischen Jugendhilfe.

Grundlage unserer Erziehung ist das Modell der kritischen Erziehungswissenschaft mit einem Profil geisteswissenschaftlich-dialektischer Pädagogik. Klassiker der Pädagogik sind u.a. dafür Theodor Litt, Martin Buber.

Methoden der Arbeit werden durch Befunde der empirischen Erziehungswissenschaft und die Theorien, Modelle und empirischen Befunde der Lerntheorien begründet.

Stationäre Jugendhilfe wird auf den Grundlagen und Konzepten „therapeutischer Heimerziehung“ von Fritz Redl, Bruno Bettelheim und Albert E. Trieschman u.a. aufgebaut und weiterentwickelt.

Gespräche mit jungen Menschen und ihren Familien werden professionell nach Modellen, Prinzipien und Befunden der strukturellen Familientherapie und Gesprächspsychotherapie geführt.

Diagnostik und Handlungsplanung und Interventionen berücksichtigen die Modelle und Befunde der Entwicklungs- und Sozialpsychologie sowie der Klinischen Psychologie. Sie werden mit den Behandlungsmethoden der Kinder- und Jugendpsychiatrie abgestimmt, die auf der Grundlage der Störungsmodelle und empirische Befunde der Kinder- und Jugendpsychiatrie durchgeführt werden.

Leitlinien der Erziehung

 

Der Vorrang der Erziehung und ihre geisteswissenschaftlich-dialektische Begründung

  • heilende Erziehung durch Modelllernen, Kommunikation und Spiel
  • therapeutische Heimerziehung mit einem integrierter Fachdienst
  • das Konzept Grenzen setzender Erziehung
  • das Konzept der Wahrnehmungsveränderung und Aufgabenbewältigung
  • das Leistungsprinzip

Partizipation

Kinderrechte und Partizipation werden im Alltag unserer Wohngruppen transparent, realisiert und unterstützt. Die „Qualitätsstandards für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der jeweiligen Landesbehörden werden eingehalten und umgesetzt.

Die jungen Menschen in einer Wohngruppe wählen ihren Gruppensprecher. Die Eltern der jungen Menschen wählen ihren Elternsprecher. Diese vertreten die Interessen der jungen Menschen und der Eltern jeweils im Heimbeirat und im Elternbeirat. Beide Gremien haben eine Satzung und wählen ihre Vorsitzenden und die Stellvertreter. Diese wirken auf Landesebene mit an den dort implementierten Gremien, in Bayern ist das der Landesheimrat. 

Um Kinder- und Jugendschutz, Beteiligung und Beschwerdemanagement der jungen Menschen zu fördern, gibt es Vertrauenserzieher und einen externen Ombudsmann für die Evangelische Jugendhilfe, die direkt aus allen Gruppen angesprochen werden können. Durch die Einrichtungszeitung und durch Aushänge und das Intranet werden die jungen Menschen und ihre Eltern aktuell und regelmäßig informiert. Plakate und Flyer informieren die jungen Menschen, ihre Eltern und die Mitarbeitenden.

Wir wollen die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen vor allen Gefährdungen und Verletzungen in und durch ihr Umfeld schützen. Kinderschutz prägt auch das Umfeld und den Alltag in unseren Einrichtungen.

Schutz für Kinder, Jugendliche und Mitarbeiterinnen

Für die Arbeit und den Umgang mit Kindern und Jugendlichen und die Arbeitssicherheit der Mitarbeitenden gibt es für die verschiedenen Arbeitsfelder in der Evangelischen Jugendhilfe spezifische Schutzkonzepte.

Die Konzepte setzen die gesetzlichen Vorgaben um, folgenden den jeweils geltenden Vorschriften und orientieren sich an den spezifischen Gefährdungsanalysen.

Kriterien zur Gefährdungseinschätzung, Handlungsabläufe und Ansprechpartner sind konkret geregelt.

Für die jungen Menschen, Eltern und andere Familienangehörige, Kolleginnen und Kollegen und dritte Personen gibt es ein Beschwerdemanagement mit der möglich, sich persönlich oder auch anonym zu äußern.

Relevante Themen werden regelmäßig in Besprechungen und Fortbildungen behandelt.

Alle Mitarbeitenden werden durch PART©, einem Training für professionelles Handeln im Umgang mit Konflikt und Gewaltsituationen geschult. Viele Mitarbeitende sind geschult in speziellen Verhaltensstrategien und Trainings, u.a. im „Gewaltfreien Widerstand“ nach dem Konzept Autorität ohne Gewalt von Haim-Omer und Arist v. Schlippe, sowie spezifischen Strategien der Gesprächsführung.

Einführen in die Welt

Erziehung als Einführung in die Gesellschaft und ihre Kultur

Statt einer funktionalen veräußerlichten Problembearbeitung steht im Mittelpunkt der Gruppe der junge Mensch mit seiner Menschenwürde. Vermittlung von christlichen Werten und Gewissensbildung sind Schwerpunkte des Erziehungsprozesses. Werte und Wertorientierungen werden explizit reflektiert und vorgelebt. Aufbauend auf dem dialektischen Verhältnis des Menschen zu seiner Welt hat Erziehung die Aufgabe, die Begegnung zwischen Kind und Kultur verantwortungsvoll und sinnvoll zu ermöglichen. Erziehung vollzieht sich als dialektischer Prozess gleichberechtigter Partner innerhalb des Systems „Kind - Pädagoge - Kultur/Natur“ und hat dabei immer das Eigenrecht jedes Partners zu berücksichtigen. So kann Erziehung keine bloße Technik sein, die einem vorgegebenen Ziel zu dienen hat. Der Pädagoge hat vielmehr die wertvollen Gehalte der Kultur dem jungen Menschen anzubieten, ihn an Normen und Werte heranzuführen und eine Auseinandersetzung damit zu ermöglichen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Natur muss der Pädagoge den jungen Menschen in die naturwissenschaftliche Sacherforschung einführen. Dialog und Erlebnis bestimmen den Erziehungsprozess. Der Pädagoge macht Angebote, bezieht Stellung und lebt vor. Er vermittelt durch sein Denken, Handeln und Verhalten Einstellungen und Werte. Besondere Bedeutung kommt dabei der kritischen Auseinandersetzung mit Konsumverhalten zu. Der jungen Mensch soll auch in der Konfrontation eine eigene Position und eigene Einstellungen finden. Behutsam, mit Rücksicht auf den jeweiligen Entwicklungsstand und die Eigenheit des Kindes und mit Blick auf die Werte der Gemeinschaft, der Kultur und der Natur wird das Kind so eingeführt in seine Welt. Diese Aneignung von Kulturgütern, das Streben nach Werten und die Internalisierung von Normen ist ein Prozess, in dem der Pädagoge Mittler und Stifter, Widerpart und Begleiter gleichzeitig ist. Besondere Bedeutung haben in diesem pädagogischen Ansatz die Aktivitäten und kulturellen Inhalte der Erziehung. 

Solche pädagogischen Angebote sind u. a.:

  • musische Förderung (Theaterbesuch, Konzertbesuch, Mitgliedschaft in einem Chor, Gestalten, Musikunterricht, u.a.)
  • technische Angebote (Betriebsbesichtigungen, Technisches Werken, Arbeiten mit Elektronik-Baukästen, Fahrradwerkstatt, u.a.)
  • kulturelle Angebote (Besuch von Volkshochschulkursen, Museumsbesuche, Besuch von Ausstellungen, Erkundungen im näheren und weiteren Umfeld, Stadtbesichtigungen, Auslandsfahrten, u.a.)
  • sportliche Aktivitäten (Sport- und Freizeitgruppen der Einrichtung, Fußball, Völkerball, Tischtennis, u.a., Vermittlung in Sportvereine, Fußballturniere, erlebnispädagogische Unternehmungen, Trimm-Dich, Fitness, Schwimmbad etc.)
  • Begegnung mit Persönlichkeiten (Persönlichkeiten aus der Kultur, der Politik, aus der Wirtschaft, aus dem Bereich der Theologie bei Festlichkeiten, Gesprächskreisen, Gottesdiensten und Ausflügen),
  • Naturerlebnisse (Wanderungen, Orientierungsmärsche, Bootsfahrten, Klettern, Fahrradtouren, Garten anlegen, gestalten und pflegen, Pflanzen suchen, Blättersammlungen anlegen, Zierpflanzen in den Gruppen pflegen, Tiere halten und pflegen, u.a.)
  • religiöse Angebote (Gottesdienstbesuche, Heimgottesdienst, religiöse Gespräche, Gebete, christliche Fest, u.a.)
  • Gesundheit und Ernährung (Beratung zur allgemeinen Gesundheit, zur Zahnpflege, zur Ernährung, u.a.)
  • politische Bildung
  • Gruppenfreizeiten, Ferienmaßnahmen
  • Feste feiern (Sommer-, Schulabschlussfest, Fasching).
Wertorientierte Erziehung

Wertorientierte Erziehung und ihre geisteswissenschaftlich-dialektische Begründung

Im Verein Erleben, Arbeiten und Lernen, Evangelische Jugendhilfe hat Erziehung Vorrang vor Therapie und Behandlung. Die Gesamteinrichtung folgt einem einheitlichen Konzept einer geisteswissenschaftlich-dialektischen Erziehungstheorie. Aufbauend auf den Konzepten von Pestalozzi, Herder und Hermann Nohl folgt die Einrichtung den Konzepten einer geisteswissenschaftlich-dialektischen Erziehung nach Theodor Litt. Aufgabe des Pädagogen ist es, den jungen Menschen einzuführen in die Welt. Dabei muss sowohl das Eigenrecht des jungen Menschen, seine Anlagen, Begabungen und Interessen als auch der Eigenwert der Kultur und der Natur als gemeinsame Grundlage berücksichtigt werden. Drei Verhältnisse bestimmen die Erziehung. Zum Ersten die Ich-Du-Begegnung (vergl. Buber, Nohl), aus der heraus sich die Verantwortung des Pädagogen mit seiner gesamten Person bestimmt. Als Vorbild und reifer Persönlichkeit übernimmt der Pädagoge Verantwortung für den jungen Menschen. Damit muss der Pädagoge Stellung nehmen, stimmig privat als auch dienstlich gegenüber den natürlichen Ressourcen und kulturellen Werten auftreten. Bildung und Reife des Pädagogen sind die Voraussetzung für eine gelingende Erziehung. Stellungnehmen zu aktuellen Ereignissen, Meinung haben ohne sie aufzuzwingen ist die Aufgabe einer wertorientierten Pädagogik. 

Im Verhältnis des Menschen zur Natur werden zwei Zugangsweisen deutlich. Zum einen das Erleben der Natur als Grundlage und Eindruck der menschlichen Existenz. Hier stehen das Erlebnis und die Begegnung im Mittelpunkt des Handelns. Zum Zweiten gilt es, die Natur zu erklären und zu erforschen. Naturwissenschaften und Technik bestimmen diese Zugangsweise. Im Umgang mit den wertvollen Gehalten der Kultur hat der Pädagoge die Aufgabe, nicht nur die Regeln und Normen unserer Gemeinschaft zu vermitteln, sondern auch den Zugang zu den verschiedensten Kulturgütern, musische Bildung, Sprache und Kunst zu vermitteln. 

Ziel der Erziehung ist die Erziehung zur Mündigkeit. Demokratie und Partizipation bestimmen das pädagogische Handeln.

Religiöse Erziehung

Regelmäßig besuchen die Wohngruppen Gottesdienste in den Kirchen vor Ort. Im Jahreskreis spielen biblische Geschichten, Gebete und Gespräche über den Glauben eine besondere Rolle. 

In einem Leitfaden sind die persönlichen (Namenstag, Taufe, Kommunion, Firmung, Konfirmation) und allgemeinen religiösen Feste beschrieben. 

Leitsätze, Gesetze und Informationen nichtchristlicher Glaubensgemeinschaften sind ebenfalls im Leitfaden aufgeführt, um z. B. auch muslimischen und jüdischen jungen Menschen gerecht zu werden.